Ehrenmitglieder des Bundesverbands Arbeiterfotografie
Prof. Roland Günter

Roland Günter
Roland Günter im poetischen Ort des Skulpturen-Gartens des Blauen Hauses in Oberhausen-Eisenheim - Ehrenmitglied seit dem 16.10.2014

Anführer, Berater,
Anstifter in rund 140
Arbeiter- und Bürgerinitiativen


1977 erschien in erster Auflage Roland Günters Betrachtung zur Geschichte und Ästhetik der Sozialfotografie „Fotografie als Waffe“. Darin ist eigene Erfahrung mit dem Einsatz von Fotografie in der gesellschaftlich-politischen Auseinandersetzung um den Lebensraum der Arbeitersiedlung in Oberhausen-Eisenheim eingeflossen. „Fotografie als Waffe“ gepaart mit der Aufzeichnung von Lebensgeschichten und dem behördlichen und pressemäßigen Einsatz führen zum Erfolg. Eisenheim und weitere Siedlungen im Ruhrgebiet bleiben erhalten. Es ist ein eigenwilliger Ansatz mit Studenten der Fachhochschule Bielefeld, an der er von 1971 bis 1991 eine Professur für Kunst- und Kulturtheorie mit Forschungsschwerpunkt Stadtplanungsgeschichte und Sozialwissenschaft des Alltagslebens innehat. Der Ansatz basiert auf der im Buch zusammengetragenen „Geschichte und Ästhetik der Sozialfotografie“ der Fotografen und Arbeiterfotografen der Weimarer Republik bis in die Bundesrepublik Deutschland unter Einbeziehung von ca. 200 internationalen, auf Amateur und beruflicher Basis wirkenden Sozialfoto-GeschichtsschreiberInnen – von Thomas Höpker bis Lewis Hine.

Als promovierter Kunst- und Kulturhistoriker setzt sich Roland Günter im damaligen Rheinischen Denkmalamt für die unter Schutzstellung von Industrieanlagen und Arbeitersiedlungen ein – was ihm als Erster in ganz Europa ein Anliegen ist, das gelingt. Seit über 40 Jahren ist er als Stadtplanungsanalytiker im Deutschen Werkbund organisiert und mit vielfachen Funktionen in Vorstand und Beirat betraut. Seit 2003 ist er Vorsitzender der Nordrhein-Westfälischen Werkbund-Sektion. Seine 2007 erschienene, 800 Seiten starke Schrift „Der Deutsche Werkbund und seine Mitglieder“ ist Bestandteil der Werkbundschriftenreihe im Essener Klartext-Verlag, die er selbst tatkräftig bedient. Eine Reihe von unter Mitwirkung von Franz Münschke herausgegebenen Sonderpublikationen trägt den Untertitel „Einmischen und Mitgestalten“, so das 50seitige Manifest „Kein Geld? – trotzdem handeln mit Visionen!“ als „Aufruf, die Köpfe zu verändern“. Die Streitschrift von 2011 ist eine deutliche Kampfansage, die Bürger nicht für so dumm zu halten: „Inzwischen weiß natürlich jeder, wer zynisch und verantwortungslos die Städte verarmt hat – aber auch dies darf keine Ausrede dafür sein, sich für handlungsunfähig zu erklären. Wir sind nicht ohnmächtig. Keine Ausrede, diese Verarmung, in der eine Steuer-Verweigerung der reichsten Wohlhabenden, Konzerne, Banken und Börsen steckt, hinzunehmen wie Schafe.“

Einmischen, mitgestalten, handeln mit Visionen

Roland Günter lebt und arbeitet im Ruhrgebiet, in den Niederlanden und in Italien, wo er in diesem Sommer in Rom einen Vortrag zum europäischen Gedanken des Werkbundes hält. In seinem Lebensort in der Toskana wird er 2006 zum Ehrenbürger ernannt. Davon ist er in Deutschland als kritischer Streiter und Störer noch weit entfernt. Der Stadt Köln wirft er vor, sich zur einhundertsten Jährung der Werkbundausstellung von 1914 zu wenig geschichtsbewusst zu zeigen. Im vergangenen Jahr stellt sich der im April 1936 Geborene die Frage, warum er sich „das antun soll, immer wieder aufzustehen, gegen das, was Duisburg und anderswo passiert“. Antwort ist die Buchpublikation: „Stadtmassaker und Sozialverbrechen“, eine Anklageschrift gegen Stadtzerstörung, Zerstörung von Wohngebieten für Einkaufstempel in Duisburg-Marxloh und -Bruckhausen. In zahllosen Gesprächen wird er mit den Mitgliedern einer Bürgerinitiative bei Ratsmitgliedern und Vertretern aller Parteien (auch der Linken) vorstellig. Sein Resümee: „Vor uns hatten Generationen in harten Kämpfen Demokratie erfochten,“ aber „Gruppen, die sich Macht aneigneten, pervertieren sie.“ „Wir wollen Ausreden nicht mehr hinnehmen“, heißt es im Manifest „Trotzdem Handeln mit Visionen“.